Rudolf_klosteraustritt_2016

Rudolf Lütticken
Befreiung zum Leben

Austritt aus dem Benediktinischen Orden St. Matthias, Trier

Rudolf Luetticken - Mein Austritt aus dem Kloster - Die Masken fallen.

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Rudolf Lütticken Ligia Lütticken

Wer Gott liebt, hat keine Religion außer Gott - Rumi


An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen - Mt 7,16


Was sagt ihr zu mir: Herr! Herr!, und tut nicht, was ich euch sage? - Lk 6,46


Für Gott ist es besser, nicht zu glauben, als ein falscher Gläubiger zu sein, ein Heuchler - Papst Franziskus


Wir können Gott nicht begegnen, ohne vorher unsere beschränkten Ideen eines Gottes, der unseren Vorstellungen von Allmacht entspricht, zu begraben.
- Papst Franziskus



Solange ich vor der Angst fliehe, finde ich nicht den Weg ins Vertrauen

Solange ich angesichts des Unabänderlichen keine andere Alternative sehe als „"Biegen oder Brechen"“, unterliege ich dem Zwang. Wenn ich mich in Einsicht dem Unabänderlichen beuge, bin ich selbstbestimmt und frei.

Religiöse Überlieferung gründet auf Behauptung, authentische Spiritualität auf der Gabe der Unterscheidung.

An Jesus glauben heißt: alles Leben im Licht seiner Botschaft sehen.

Die Botschaft Jesu liegt nicht in der Bedeutung seiner Worte, sondern in ihrer Kraft.

Wer an Jesus glaubt, hält sich an ihm nicht fest: er weiß sich gehalten.

Die christliche Form der Erleuchtung ist die Gewissheit der Auferstehung

1938 - 2017


Konfessionsfreier Seelsorger, ehemaliger Benediktinermönch (1959-2015) und Priester


Letztes Gespräch bring
Wahrheit brutal ans Licht


Lieber Abt Ignatius, lieber Bruder Eucharius,

das Gespräch gestern nachmittag hat für mich nicht nur ein paar klare Tatsachen geschaffen. Es hat auch auf der personalen Ebene viel für mich geklärt.

Das einleitende Gespräch über meine gesundheitliche Prognose hat mir verdeutlicht, dass Euch nichts an meinem Leben liegt. Dass der Krebs meinem Leben ein baldiges Ende setzt und wir bis dahin nichts an dem gegenwärtigen Status verändern, wäre für Euch der günstigste Verlauf. Die unterschwellige Erwartung: Ich würde bei einer solchen Perspektive doch wohl den Anstand haben, nicht noch schnell vorher zu heiraten.

Eine günstige Prognose fur meine Gesundheit bedeutet für Euch nichts als die Unannehmlichkeit der Nachzahlung in die Rentenkasse - eine Verpflichtung, wie Bruder Eucharius ausdrücklich sagte, die Ihr nicht mir, sondern der Rentenkasse gegenüber habt. Ein weiterer Beitrag zu meiner Altersversorgung komme dann aber auch nicht mehr in Frage. Ich werde also - wenn ich denn partout nicht sterben will - von Euch mit einer erheblichen Unterversorgung in ein Leben auf Sozialhilfeniveau entlassen.

Ihr rechtfertigt dieses Verhalten mir gegenüber, indem Ihr meine erklärte Absicht, in diesem Jahr zu heiraten, in zweifacher Weise instrumentalisiert:

  • Ihr betrachtet es als einen Solidaritätsbruch meinerseits, dass ich Euch durch die Eheschliessung dem Zwang der Rentennachzahlung aussetze (der vom Gesetzgeber, nicht von mir ausgeht), sodass Ihr auch Eurerseits zu keiner Solidarität mir gegenüber verpflichtet seid; und

  • Ihr missbraucht die Verantwortung, die meine künftige Ehepartnerin für meine Versorgung übernehmen wird, dazu, Eure Verantwortung mir gegenueber auszublenden. Aber das sind die Vorwände;

    welche Verantwortung meinem Leben gegenüber kann ich von denen erwarten, die mich angesichts der Kosten lieber tot hätten als lebendig?

Ich mache Euch darauf aufmerksam: Ich habe ein ganzes Arbeitsleben als lizentialisierter Theologe und als Seelsorger im Dienst der Gemeinschaft gearbeitet; habe im Rahmen der Gütergemeinschaft auf eigenes Einkommen und eigene Altersversorgung verzichtet, im Vertrauen darauf, durch die Gemeinschaft im Alter versorgt zu sein. Ich habe damit auch zur materiellen Vermögensentwicklung der Gemeinschaft und zur Altersversorgung aller Brüder beigetragen. Was begründet, dass mir nun vorenthalten wird, was ich selbst mit erarbeitet habe?

Wenn der Austritt aus der Gemeinschaft mit dem Entzug einer angemessenen Versorgung geahndet wird, - wieviele Brüder sind nur darum noch in der Gemeinschaft, weil sie sich einer solchen Erpressung in ihrem Alter beugen?

Ihr habt mir abschliessend noch einmal Eure Stellungnahme zu meiner Entscheidung zum Austritt mitgegeben.

  • Abt Ignatius: Die Brüder können Deinen Schritt nicht verstehen. Auch ich kann ihn nach wie vor nicht gut heissen.

  • Bruder Eucharius: du ignorierst Deine Verantwortung anderen Menschen - insbesondere Deinen Brüdern gegenüber.

Ich habe geantwortet, dass mein Leben in der Gemeinschaft von einem tiefgreifenden Mangel an Verantwortung für mich selbst geprägt war - und dass die Gemeinschaft und ihre Leitung mich - bis in dieses aktuelle Gespräch hinein - darin bestärkt und festgehalten haben.

Und dass die Übernahme der Selbstverantwortung die Voraussetzung aller Verantwortung für andere sei.

Wir hatten bei dieser gegensätzlichen moralischen Bewertung einen Schiedsrichter am Tisch: den Krebs. Nach allen Zeugnissen hat die Überwindung dieser Krankheit eine entscheidende Voraussetzung: die Lösung aus verfehlten identifikationen und Bindungen, aus Selbstauslöschung und Anpassung, und die Entschlossenheit zur Verwirklichung des eigenen Lebens. Was der Kern meiner Entscheidung war, wird durch den Krebs zu einer Frage auf Leben und Tod.

Umgekehrt wird klar, wie bedrohlich für mich der Einfluss von Menschen ist, die dieser Entschiedenheit die moralische Legitimität absprechen. Ich kann mich von ihnen nur trennen.


Wir sind Schwingungen in einem größeren Konzert
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